Kreis Ahrweiler Online:
12.12.1997
Haushaltsrede von Landrat Joachim Weiler zum Haushaltsentwurf 1998 in der Kreistagssitzung am 12. Dezember 1997
Sehr geehrter Herren Kreisbeigeordnete,
sehr geehrte Herren Fraktionsvorsitzenden;
sehr geehrte Kreistagsmitglieder,
sehr geehrte Vertreter der Presse,
verehrte Zuhörer,
meine sehr verehrten Damen, sehr geehrte Herren,
die Haushaltsrede, die der Kämmerer Dr. Ludger Sander vor dem Rat der Stadt Bonn hielt, umfaßte sage und schreibe 43 Seiten. Und auch zum Ihnen vorgelegten Entwurf des Haushaltsplanes 1998 für den Kreis Ahrweiler könnte ich sicherlich einiges sagen. Allerdings ist die Haushaltsrede die wichtigste Rede, die ein Landrat im Jahreslauf halten kann. Und dabei kann es nicht das Ziel sein, alle Zahlen des Haushaltes zu erläutern. Das leistet der Vorbericht zum Haushaltsplan viel besser, da die wichtigsten Zahlen dort beispielsweise durch Grafiken anschaulich dargestellt sind. Erlauben Sie mir deshalb vielmehr, mich auf wichtige Grundgedanken zu beschränken, in denen sich die übergeordneten Ziele des Kreises und die wichtigsten Entwicklungen im Kreis widerspiegeln:
Ein Jahr vor dem Umzug
Meine Damen und Herren, mit dem Haushaltsjahr 1998 stehen wir ein Jahr vor dem Umzug von Bundestag und Bundesregierung nach Berlin. Das wird auch für den Kreis Ahrweiler ein markanter und einschneidender Wendepunkt sein. Einen erneuten Vorgeschmack hat uns hier die am Dienstag getroffene Entscheidung der Bundesregierung geliefert, den Bunker Marienthal zu schließen. Nach dem eklatanten Wortbruch des Bundesrates und sonstigen kleineren Randerscheinungen ist dies eine weitere Entscheidung, die uns und der gesamten Region Bonn die Folgen des Umzugsbeschlusses schmerzlich vor Augen führt. Die Zukunft von rund 200 Mitarbeitern der Anlage steht jetzt in den Sternen. Ob wir es wahrhaben wollen oder nicht, es wird nun immer klarer, daß sich die Prioritäten des Bundes verschieben. Wie sonst ist es zu erklären, daß der Bund „mit zweierlei Maß mißt", um Herrn Sebastian zu zitieren. Denn in der Region Bonn spart der Bund in der Tat an allen Ecken und Enden, während für das Einhalten des Umzugstermines nichts zu teuer ist. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber bei mir bleibt da irgendwie ein fader Nachgeschmack zurück.
Aber, trotz fadem Nachgeschmack: der Umzug ist ein Wendepunkt, auf den wir uns vorbereitet haben. Denn durch einen erfolgreichen Bonn-Berlin-Ausgleich haben wir uns auf den uns aufgezwungenen Strukturwandel eingestellt und nach dem Grundsatz „Stärke Deine Stärken" Vorsorge getroffen und mit kräftiger finanzieller Hilfe des Bundes unsere Hausaufgaben gemacht. An Projekten von zentraler Bedeutung sind das aus Sicht des Kreises Ahrweiler: die Fachhochschule in Remagen, das Technologiezentrum Sinzig, der Gewerbepark Grafschaft, die neu geschaffenen Gewerbegebiete im Kreis sowie eine agile Strukturförderungsgesellschaft Bonn/Rhein-Sieg/Ahrweiler. Es sind aber auch die Ansiedlung der Europäischen Akademie für Technologiefolgeabschätzung sowie die noch kommende Ansiedlung der Forschungsvereinigung der Arzneimittelhersteller. All das wird unser Kapital für die Zukunft sein, das sich aber nicht im Vermögenshaushalt des Haushaltsplanes ausweisen läßt. Für den Bereich der Verbandsgemeinde Brohltal gehört dazu allerdings auch das Projekt „Vulkanpark", das vom Kreis mitgetragen wird. Mit Blick auf den Westteil des Kreises möchte ich das rege Engagement am Nürburgring nennen.
» Unser Beitrag: die Gesundheits- und Fitneßregion
Wir können beim Bonn-Berlin-Ausgleich jedoch nicht nur nach außen, auf andere sehen, wir müssen auch selber etwas leisten. Wir brauchen eigene Anstrengungen. Lassen Sie mich deshalb noch einen weiteren wichtigen Aspekt in diesem Zusammenhang nennen: In seiner berühmten „Berliner Rede" vom April dieses Jahres stellte Bundespräsident Roman Herzog fest, daß unsere Gesellschaft wieder eine Vision brauche. Eine Vision sei, so der Bundespräsident weiter, „eine Strategie des Handelns". Genau das ist, bezogen auf unseren Kreis Ahrweiler, die Idee, ja die Vision der Gesundheits- und Fitneßregion. Gerade auch vor dem Hintergrund der Bäderkrise soll sie für den Kreis Ahrweiler der gemeinsame Nenner sein, in den sich jeder eingebunden fühlen kann und eingebunden ist. Aber Gefahr droht auch hier. Dazu möchte ich nochmals den Bundespräsidenten zitieren, der in seiner Rede ebenfalls festgestellt hat, daß sich die Deutschen in „Angstszenarien" gefallen würden. Und weiter: „Kaum eine neue Entdeckung, bei der nicht zuerst nach den Risiken und Gefahren, keineswegs aber nach den Chancen gefragt wird". Gerade die Chancen aber sind es, nach denen wir greifen müssen, der Kreis und die politischen Parteien an erster Stelle. Dem im Haushaltsplan eingesetzten Betrag zur Finanzierung der Koordinationsstelle „Gesundheits- und Fitneßregion" kommt insofern eine hohe Signalfunktion zu. Gleiches gilt für die Zuschüsse zur Strukturförderungsgesellschaft und zur Tourismusförderung. Hier wird es in Zukunft darum gehen, Kurs zu halten, auch wenn das Schiff einmal in schwere
See gerät. Denn gerade im Tourismus werden von allen Beteiligten in Zukunft noch erhebliche Anstrengungen notwendig sein.
Zwei vor Zweitausend
Meine Damen und Herren, mit dem Haushaltsjahr 1998 stehen wir zudem zwei Jahre vor der Jahrtausendwende. Obwohl dann sicherlich nicht von heute auf morgen die Welt auf dem Kopf stehen wird, markiert dieser markante Jahreswechsel in einem gewissen Sinne den Beginn einer neuen Zeit, die man mit möglichst geordneten Verhältnissen beginnen möchte. Unterschiedliche Sichtweisen setzen da unterschiedliche Prioritäten. Aus Sicht der Finanzwirtschaft ist der Kreis Ahrweiler - in Anbetracht der gesamtwirtschaftlichen und konjunkturellen Situation - da auf einem guten Weg.
» Haushalt der Vernunft
Trotz einer sehr schwierigen finanziellen Lage haben wir es auch im Haushaltsjahr 1998 aus eigener Kraft erneut geschafft, uns Gestaltungsspielraum zu bewahren. Denn im Gegensatz zu anderen Kreisen bleibt es uns erspart, an der Leine eines Haushaltssicherungskonzeptes laufen zu müssen. So kann ich Ihnen nach 1996 und 1997 wiederum einen in Einnahmen und ausgeglichenen Haushaltsplan vorlegen, den ich als „Haushalt der Vernunft" bezeichnen möchte. Der Haushalt ist eine gelungene Gratwanderung zwischen der notwendigen Finanzierung wichtiger und zukunftsweisender Projekte einerseits und absoluter Ausgabendisziplin andererseits. Dieses Minimalziel konnten wir nur unter Zurückstellung vieler Wünsche und einer absoluten Orientierung am Machbaren erreichen. Denn der eiserne Grundsatz, nur das auszugeben, was man in der Kasse hat, gilt für Landräte, Bürgermeister, Beigeordnete und Ratsmitglieder ebenso wie für den Privatmann. Beim Ansetzen des Rotstiftes galt hier das Dichterwort von Theodor Fontane: „Man muß lernen, mit dem Gegebenen zufrieden zu sein, und nicht immer das verlangen, was gerade fehlt."
Entscheidenden Anteil an dem Gesamtergebnis haben eine zurückhaltende Personalpolitik, erhebliche Anstrengungen, um den Sozialhilfebereich in den Griff zu bekommen, Kostenreduzierungen im öffentlichen Personennahverkehr und auf der Einnahmeseite schließlich eine Steigerung der Schlüsselzuweisungen.
» Bildung: Investitionen in die Zukunft
Alle Zufriedenheit über einen ausgeglichenen Haushalt darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, daß wir nicht in der Lage sind, unsere laufenden Ausgaben mit laufenden Einnahmen zu finanzieren. Denn auch im kommenden Jahr wird im Vermögenshaushalt eine Netto-Neuverschuldung von rund 4 Millionen Mark notwendig sein. Dabei habe ich jedoch ein reines Gewissen, denn wie in den Vorjahren wird auch der Vermögenshaushalt 1998 von Investitionen für unsere Schulen bestimmt. Insgesamt beläuft sich die hier bereitzustellende Summe auf nahezu 6 Millionen Mark - das sind 32 Prozent des gesamten Investitionsvolumens.
Durch die augenblicklichen Studenten- und Schülerproteste sehe ich unser Festhalten am Neubau des Peter-Joerres-Gymnasiums mit Gesamtkosten von 25 Millionen Mark bestätigt. Denn Investitionen in die Bildung sind Investitionen in die Zukunft. „Bildung muß das Mega-Thema unserer Gesellschaft werden" - das hat Bundespräsident Herzog ebenfalls in seiner Berliner Rede gesagt. Für den Kreis Ahrweiler bestehen da - mit der Einweihung der mit Bundesmitteln finanzierten Fachhochschule und des Peter-Joerres-Gymnasiums im nächsten Jahr - gute Perspektiven. Es wäre in diesem Zusammenhang sicherlich gut gewesen, wenn das Land uns einen höheren Zuschuß für das Peter-Joerres gezahlt hätte. Aber in der Bildungspolitik legt das Land bekanntlich eine restriktive Linie an den Tag, deren negative Folgen sich jetzt in den Protesten zeigen.
» Der Kreis als Ausfallbürge
Das Land macht uns durch seine Politik das Leben generell nicht einfacher. Ich will hier nicht ins Detail gehen, gleichwohl aber feststellen, daß es am Ende die Kreise sind, die Leistungskürzungen des Landes bei den Elternbeiträgen in Kindergärten, beim Asylbewerberleistungsgesetz und in der Schülerbeförderung, sozusagen als „Ausfallbürge", finanziell ausbaden müssen. Vor diesem Hintergrund begrüße ich eine vor wenigen Wochen getroffene Entscheidung des Niedersächsischen Staatsgerichtshofes. Darin verpflichtet der Gerichtshof das Land, künftig die Kosten der den Kommunen zugewiesenen staatlichen Aufgaben genau zu ermitteln und im Gesetz festzulegen, welchen Anteil daran das Land zu übernehmen hat. Genau diese Art von Gesetzesfolgeabschätzung kommt leider auch hier bei uns in Rheinland-Pfalz zu kurz.
Ungemach kommt ebenfalls von anderen Seiten, wenn ich hier an den Rückzug des Bistums aus der Kindergartenfinanzierung denke. Aber auch die Kommunen schränken die Finanzierung von örtlichen Aufgaben immer weiter ein und rufen nach dem Kreis. Dazu möchte ich deutlich feststellen, daß der damit überfordert sein wird. Andererseits weiß ich natürlich, daß die Kommunen mit dem Kreis im selben Boot sitzen und gleiche Probleme haben. Aber angesichts der Finanznot der Kommunen frage ich mich auch, warum vom Innenminister als Interessenvertreter der Kommunen weit und breit nichts mehr zu sehen ist.
» Einnahmen aus der Kreisumlage sinken
Beim Stichwort „Kommunen" muß auch das Stichwort „Kreisumlage" fallen. Die Steuerkraft der Kommunen sinkt, obgleich die Gemeinden des Kreises Ahrweiler hier im Landesvergleich noch vergleichsweise günstig abschneiden. Dennoch bedeutet die verminderte Steuerkraft bei einem gleichbleibenden Hebesatz der Kreisumlage von 34,5 vom Hundert einen Einnahmeausfall von 500.000 Mark. Bezieht man die Reduzierung der Steuerkraft im Vorjahr mit ein, so fehlen aufgrund dieser Entwicklung gegenüber dem Haushaltsjahr 1996 rund 1,6 Millionen Mark in unserer Kasse. Dennoch war es mir getreu dem Sprichwort „Was du nicht willst was man dir tut, das füg’ auch keinem andern zu!" wichtig, Ihnen keine Erhöhung des Hebesatzes vorzuschlagen, sondern den Haushaltsausgleich durch Einsparungen zu erreichen.
» Haushaltskonsolidierung zeigt Wirkung
Für die Belastung des Kreishaushaltes hat weiterhin der Bereich der Sozial- und Jugendhilfe die größten Auswirkungen. Wir haben uns dazu in den vorhergehenden Tagesordnungspunkten mit sehr wichtigen Einzelfragen befaßt und auch unsere Bemühungen aufgezeigt, um der bisher als unaufhaltsam angesehenen Entwicklung entgegenzuwirken. Hier wird deutlich, daß mit Phantasie und Engagement - als Stichworte nenne ich beispielhaft „Arbeit statt Sozialhilfe" und Kleiderkammer - auch im gesetzlich vorgeschriebenen Leistungsbereich Gestaltungsmöglichkeiten bestehen. Wenn Sie sich die Grafik auf Seite 17 des Vorberichtes ansehen, wird erkennbar, daß sich die seit 1989 zu verzeichnenden gewaltigen Belastungsschübe ab 1995 deutlich abgeschwächt haben.
Drei Jahre vor dem Euro
Meine Damen und Herren, mit dem Ende des zukünftigen Haushaltsjahres 1998 stehen wir schließlich drei Jahre vor dem 1. Januar 2002, dem Zeitpunkt, an dem der Euro als Zahlungsmittel tatsächlich eingeführt wird. Mit dem Festlegen des Wechselkurses wird es den Euro jedoch de facto schon im kommenden Mai geben. Erste Anzeichen finden sich jetzt schon auf den neuen Überweisungsvordrucken der Banken, die schon ein Feld für Zahlungen in „Euro" vorsehen. Am Montagabend berichtete die ARD auch von einer Münchener Gelddruckerei, die bereits erste Druckfahnen des Euro in einem hochsicheren Tresor aufbewahrt und Gewehr bei Fuß steht, um die Druckpressen rotieren zu lassen.
In der Kreisverwaltung selbst habe ich eine Arbeitsgruppe ins Leben gerufen, die alle notwendigen Maßnahmen vorbereiten und koordinieren soll.
Der Euro ist also eine Realität, die in kleinen und nachvollziehbaren Schritten umgesetzt wird.
» Die Verwaltung modernisiert sich
Kleine und besonnene Schritte sind übrigens oft das beste Mittel, wenn man einen langen Weg zurückzulegen möchte. Das sieht auch die Verwaltung so, die sich beispielsweise selbst ein Leitbild gegeben und neue bürgerfreundliche Öffnungszeiten, mit dem durchgehend geöffneten Donnerstag als dem „Tag des Bürgers", eingeführt hat. Der nächste Schritt auf dem Weg der Verwaltungsmodernisierung wird ein Bürgerbüro sein, mit dem wir den Bürgerinnen und Bürgern ein schneller und unkomplizierter Ansprechpartner sein möchten.
Erste Schritte finden sich auch in dem Haushaltsansatz von 50.000 DM, der für das Erstellen eines neuen Kreisentwicklungsprogrammes vorgesehen ist. Das Kreisentwicklungsprogramm soll die Richtschnur für den Weg des Kreises Ahrweiler in die Zukunft sein.
Meine Damen und Herren, mit diesem „Haushalt der Vernunft" werden wir die Zukunft anpacken. Das wird angesichts der schwierigen finanziellen Situation nicht einfach werden. Aber es besteht auch kein Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Lassen Sie mich zum Schluß nochmals die Berliner Rede des Bundespräsidenten zitieren: „Wir müssen jetzt an die Arbeit gehen. Ich rufe auf zu mehr Selbstverantwortung. Ich setze auf erneuerten Mut. Und ich vertraue auf unsere Gestaltungskraft. Glauben wir wieder an uns selber. Die besten Jahre liegen noch vor uns."
© Kreisverwaltung Ahrweiler - 12.12.1997
Freitag, 12. Dezember 1997
Donnerstag, 11. Dezember 1997
Bunker Aufgabe - Pilze im Regierungs-Bunker?
Deutsche Friedensgesellschaft-
Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen
(DFG-VK)
11.12.1997: Pilze im Regierungs-Bunker?
Bonn wird atombombensichere Schutz-Anlage zu teuer
Bonn - Der Atom-Bunker der Regierung an der malerischen Ahr zwischen Dernau und Ahrweiler gehörte zu den bestgehüteten Geheimnissen der Bundesrepublik. Damit ist es vorbei. Jetzt lautet die große Frage: Was anfangen mit der Anlage?
Wie könnte das Überbleibsel des kalten Krieges nach einem Verzicht des Kabinetts auf die Anlage 312 Meter unter den Weinbergen künftig genutzt werden? Vielleicht sollten in dem Bunkerlabyrinth Champignons gezüchtet oder Wein gelagert werden. Auch könnte ein Hotelkomplex "zum Gruseln" eingerichtet werden.
An diesem Dienstag sollen die Würfel endgültig fallen: Das Bundeskabinett dürfte aller Voraussicht nach die Schließung des Betonklotzes anordnen. Den zuständigen Bundesinnenminister Manfred Kanther dürften die horrenden Unterhaltskosten schrecken: Für den Weiterbetrieb des Betonklotzes wären in den nächsten Jahren rund 200 Millionen Mark erforderlich. Daran hatte bereits der Bundesrechnungshof Anstoß genommen.
Teuer war der Bunker vom ersten Tag an: Weit über fünf Milliarden Mark hat der 30 Kilometer umfassende Tunnelbereich seinerzeit gekostet. Etwa 20 Kilometer Luftlinie vom Bonner Regierungsviertel entfernt sollten bei einem Atomangriff des Ostens in dem Ahrbunker über 3000 "ausgesuchte" Personen untergebracht werden. Es gab einen eigenen mit allen technischen Raffinessen ausgerüsteten Kabinettsraum. Natürlich waren zum NatoHauptquartier nach Belgien und in alle westlichen Metropolen abhörsichere Funksowie Fernsprechverbindungen und ein Telekommunikationssystem im Wert von rund 100 Millionen Mark installiert.
Im Frühjahr 1991 hatte die westliche Allianz endgültig auf "Schreibtischmanöver" ohne Beteiligung von Truppen verzichtet. Bei dem "Krieg per Computer und Bildschirm" wurde im Ahrbunker der Dritte Weltkrieg im Detail geprobt. Das Übungsgeschehen lief stets von der Öffentlichkeit unbemerkt ab. Alle Personen, die an den Übungen teilnahmen, mußten zuvor eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, selbst der Ehefrau oder dem Ehemann niemals etwas von dem Geschehen unter Tage zu berichten. Zwei Wochen lang waren alle Übungsteilnehmer "eingesperrt". Nicht selten kam es bei den Beteiligten zu schlimmen Nervenzusammenbrüchen.
Kreis Ahrweiler Online:
11.12.1997
Bunker Marienthal
Weiler: Bund bleibt in der Verantwortung
Trotz der Entscheidung, den Bunker Marienthal mittelfristig zu schließen, steht die Bundesregierung nach wie vor in der Verantwortung gegenüber der Region. Wie der Landrat des Kreises Ahrweiler, Joachim Weiler, in einer ersten Stellungnahme betonte, muß die Regierung jetzt vorrangig ein Konzept entwickeln, mit dem Entlassungen verhindert werden.
Weiler sieht die Bundesregierung auch in der Verantwortung für eine Nachfolgenutzung. So müsse das Innenministerium im Rahmen dieser "Konversion" Vorschläge für eine spätere Nutzung erarbeiten. Zudem fordert Weiler Ersatz für die rund 200 Arbeitsplätze sowie die zahlreichen Wartungs- und Reparaturaufträge für heimische Handwerksbetriebe.
Weiler, der sich in dieser Angelegenheit noch vor wenigen Tagen an den Bundesminister für besondere Aufgaben, Friedrich Bohl, gewandt hatte, kündigte an, auch weiterhin im engen Kontakt zur Bundesregierung zu bleiben.
Unverständlich ist die Schließung nach Ansicht Weilers, weil die Einrichtung in Marienthal, im Volksmund "Bunker" genannt, als Notsitz für alle Verfassungsorgane gedacht sei. Auch andere vergleichbare Staaten wie europäische Nachbarländer und die USA hielten solche Einrichtungen für unverzichtbar, betonte Weiler.
© Kreisverwaltung Ahrweiler - 11.12.1997
Berliner Morgenpost
10. Dezember 1997
Regierungsbunker unter Weinbergen
Der atombombensichere Bunker der Bundesregierung an der malerischen Ahr südlich von Bonn gehörte zu den bestgehüteten Geheimnissen der Bundesrepublik. Von 1961 an wurde an dem Gebäude zehn Jahre gearbeitet. Weit über fünf Milliarden Mark hat der 30 Kilometer umfassende Tunnelbereich - versteckt unter Weinbergen - seinerzeit gekostet.
Etwa 20 Kilometer Luftlinie vom Bonner Regierungsviertel entfernt sollten bei einem Atomangriff des Ostens in dem Ahrbunker über 3000 "ausgesuchte" Personen untergebracht werden. Es gab einen mit allen technischen Raffinessen ausgerüsteten Kabinettsraum.
Seit 1971 wurde alle zwei Jahre die Bunkerübung "Wintex/Cimex" veranstaltet. Ein Übungskabinett überprüfte mit den anderen Nato-Partnern von den USA bis zur Türkei alle Vorkehrungen, die für eine Krise vorbereitet worden waren.
Alle Teilnehmer mußten eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, selbst der Ehefrau oder dem Ehemann niemals etwas von dem Geschehen unter Tage zu berichten. Zwei Wochen lang waren alle Übungsteilnehmer "eingesperrt".
Die letzte größere Militärübung war "Wintex 1989". Seitdem ist der Bunker quasi stillgelegt. Wie die Fluchtburg am Rande der Eifel weiter genutzt werden soll, ist bislang noch unklar. Bei einer Brandschutzprüfung fielen im September dieses Jahres erhebliche Mängel auf. Eine Instandsetzung des unzuverlässigen Bunkers für den Ernstfall wird mit 177 Millionen Mark veranschlagt. Auch verschlingt die Riesenanlage jährlich zehn Millionen Mark Betriebskosten. Ob am neuen Regierungssitz Berlin ein einzurichtender Atombunker die Funktion des alten übernimmt, steht noch nicht fest.
Berliner Morgenpost
10.12.1997
Bundesregierung gibt Atombunker auf
Bonn - Der aus den 60er Jahren stammende atombombensichere Bunker der Bundesregierung in Marienthal an der Ahr wird aus Kostengründen geschlossen. Dies beschloß das Bundeskabinett. Ob am neuen Regierungssitz ein Berlin ein ähnlicher Bunker eingerichtet wird, steht noch nicht fest. Wie die alte Anlage weiter genutzt wird, ist ebenfalls unklar. Für die noch im Bunker tätigen Bundesbediensteten soll nach anderen Stellen gesucht werden.
Berliner Kurier 08.12.1997
Aus für Regierungsbunker?
Nachrichten
BONN - Innenminister Manfred Kanther (CDU) ist für die Stillegung des Atombunkers der Regierung, der für rund 200 Millionen Mark saniert werden müßte. Morgen befaßt sich das Kabinett damit.
Bayrischer Rundfunk 6.Dez.1997 15:00
06.12.1997
Atom-Bunker der Regierung soll offenbar verkauft werden
Bonn: Bundesinneminister Kanther will offenbar den Atom-Bunker der Bundesregierung in der Nähe Bonns aufgeben. Nach Informationen der Zeitung "Bild am Sonntag" würde eine Renovierung des Bunkers 200 Millionen Mark kosten, was der Bundesrechnungshof als nicht nachvollziehbar bezeichnet habe. Der Bunker ist in den sechziger Jahren im Ahrtal gebaut worden. Bewachung und Instandhaltung kosten jedes Jahr Millionen-Beträge.
(Quelle: BR-Radionachrichten )
Berliner Zeitung
Datum: | 22.11.1997 |
Ressort: | Politik |
Autor: | - |
Regierungsbunker in der Eifel wird aufgegeben
Der Bund wird voraussichtlich den atombombensicheren Regierungsbunker in der Eifel aufgeben. Das ließ der zuständige Berichterstatter im Haushaltsausschuß, Herbert Frankenhauser (CSU), erkennen. "Als Sitz für die Verfassungsorgane im Krisenfall wird der Bunker in Marienthal mit Sicherheit nicht erhalten", sagte er der Berliner Zeitung. Was mit dem Bunkersystem geschehen soll, ist noch unklar. Ein Gutachten hatte "massive Brandschutzmängel" festgestellt und eine Sanierung nahegelegt. Für die Dienststelle Marienthal sieht der Bundeshaushalt für 1998 knapp 21,5 Millionen Mark vor.
SPD-Rheinland-Pfalz-Online
1997
Petra Elsner:
Bundesregierung soll Nutzungsplan für Regierungsbunker
vorlegen / Rheinland-pfälzische CDU handelt scheinheilig
Mit heftiger Kritik hat die SPD-Landtagsabgeordnete Petra Elsner
auf die vom Bundeskabinett beschlossene Schließung des
"Regierungsbunkers" im Ahrtal reagiert. Sie warf der CDU-geführten
Bundesregierung vor, sich keinerlei Gedanken über die
Auswirkungen der Schließung auf die Beschäftigten und auf die
Region zu machen. Sie lasse die rund 200 betroffenen
Beschäftigten und die Region im Regen stehen. Die SPD-Politikerin
wies darauf hin, daß sie Gespräche mit den
Arbeitnehmervertreterinnen und -vertretern führen werde, um die
Konsequenzen der Schließung im Detail zu erörtern.
In diesem Zusammenhang warf Elsner dem rheinland-pfälzischen
CDU-Fraktionsvorsitzenden ein scheinheiliges Spiel vor. Während er
auf der einen Seite lauthals die Situation auf dem Nürburgring
schlecht rede, schweige er zu der von seinen Parteifreunden in
Bonn zu verantwortenden Situation im Ahrtal konsequent.
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