März 2001
Andreas Magdanz stellte seinen Bildband zum Bunker Marienthal vor
Die Erkundung einer unterirdischen Welt
Von Udo Konz
Marienthal. Ein Denkmal in Form eines anspruchsvollen Bildbandes hat der Aachener Berufsfotograf Andreas Magdanz dem ehemaligen Regierungsbunker in Marienthal gesetzt. Im früheren Kabinettsaal der unterirdischen Anlage stellte Magdanz gestern sein Werk "Dienststelle Marienthal" vor.
Ein Zeitungsbericht hatte Magdanz auf das Relikt des Kalten Krieges aufmerksam gemacht. Aus anfänglichem Interesse wurde eine Art Leidenschaft für die weit verzweigte Gegenwelt unter Tage, die 3000 Politikern das Überleben gesichert hätte. Der Aachener hat die Atmosphäre der Hohlräume unter den Weinbergen förmlich in sich aufgesogen, in langen Erkundungen 1000 Fotos geschossen, obwohl er eigentlich sparsam mit Negativen umgeht. Dabei ist er in Räume vorgestoßen, die selbst langjährige Mitarbeiter noch nicht betreten hatten. "Das war ein Riesenabenteuer", fasst Magdanz seine Eindrücke zusammen.
Ein fast melancholisches Verhältnis entwickelte er zum "Interieur der 50er und 60er Jahre", Mobiliar aus vergangenen Tagen, das bis in die letzten Tage der offiziellen Nutzung erhalten blieb. Das "wenig Modernistische" hat ihn fasziniert, erneuert wurden im Laufe der Jahrzehnte nur die technischen Anlagen. Sehr beeindruckt hat Magdanz auch die Stille, die ihn an eine Kirche oder ein Kloster erinnerte.
Die unterirdische Welt, so wie er sie empfunden hat, vermittelt der Aachener fast nur über das Medium Foto. 100 Fotos stehen lediglich drei Seiten Text gegenüber. Anfragen an drei Spitzenpolitiker wegen eines Begleittextes waren nicht von Erfolg beschieden. Einer von ihnen bestritt, jemals im Bunker gewesen zu sein. Enttäuschend empfand es der Aachener, dass er bei seinen Recherchen im Bunker auf ein Foto stieß, auf dem jener Politiker zu sehen war . . .
Ist der Verzicht auf Text, die fehlende Auseinandersetzung mit der Idee, nur einer ausgesuchten Elite das Überleben zu ermöglichen, eine zu unkritische Annäherung an das Thema? Das wurde in dem Pressegespräch bestritten. Eine differenzierte Betrachtung sei durch die "kritische Anordnung der Fotos" gegeben. Die Bedrohung, der die Welt ausgesetzt ist, symbolisiert der Deckel des Bildbandes, auf dem die Umrisse eines B-52-Bombers dargestellt sind.
Andreas Magdanz ist Verleger, Autor und Fotograf in einer Person. Seine Versuche, einen Verleger zu finden, scheiterten. Weil ihn das Thema Bunker so eingefangen hatte, ging er ein größeres finanzielles Risiko ein. Die erste Auflage umfasst 1500 Bände, der Preis liegt knapp unter 200 Mark. Im Oktober wird Magdanz mit einem eigenen Stand auf der Frankfurter Buchmesse vertreten sein und seinen Band vorstellen.
Dass der Bunker für immer verschwinden wird - in etwa einem Jahr beginnt der "Rückbau", der vier bis fünf Jahre dauern wird -, stimmt den Autor traurig: "Man hätte die Anlage wenigstens in Teilen erhalten sollen, aber der politische Wille hat gefehlt". Magdanz sieht eine Chance vertan: "Die kulturhistorische Bedeutung der Anlage wird unterschätzt".
Bonner Illustrierte
02 2001
Es war ein Mysterium, ein lange gehütetes Geheimnis, ein gewaltiges Monument des Kalten
Krieges mitten im Ahrtal. Der Regierungsbunker – ein Bauwerk, das bis vor kurzem niemand
gesehen haben durfte, über das rigoros der Mantel des Schweigens gelegt wurde. Im
kommenden Herbst beginnt der sogenannte Rückbau des „Ausweichsitzes der
Verfassungsorgane des Bundes”, denn 28 Jahre nach seiner Fertigstellung wird der Bunker
geschlossen.
Von Christoph Lüttgen (Text) & Hans-Jürgen Vollrath (Fotos)
Hinein durfte niemand – zumindest kein Normalsterblicher. Und aus dem handverlesenen Kreis der
Politiker, Ministerialbeamten und Militärs, die hinein mussten, um die atomare Krise zu üben, wollten
nicht wenige das unterirdische Labyrinth aus Beton und Stahl möglichst schnell wieder verlassen.
Die nackten Daten des sich zwischen 60 und 115 Meter unterhalb der Erdoberfläche erstreckenden
Bunkers übersteigen leicht die Vorstellungskraft: Über 18.8023 Quadratmeter erstreckt sich der
Regierungsbunker zwischen Marienthal und Dernau. Der gewaltige Bau besteht aus einem unterirdischen
Stollensystem mit einer Gesamtlänge von 19 Kilometern und verfügt unter anderem über 936
Schlafzellen, 897 Büros, 25.000 Türen, jeweils fünf Großkantinen, Kommandozentralen und
Sanitätsbauwerken sowie einer Druckerei und einem Friseursalon. Alles in allem sind dies 367.000
Kubikmeter umbaute Fläche.
Im Krisenfall sollte dieser zwischen 1960 und 1972 für drei Milliarden Mark erbaute „Ausweichsitz der
Verfassungsorgane des Bundes“ 3.000 ausgewählten Personen „Schutz vor feindlichen
Waffeneinwirkungen“ bieten und ihnen 30 Tage das Überleben garantieren.
Begleitet vom markerschütternden Hupsignal schiebt sich das tonnenschwere Haupttor zur Seite und
gibt den Blick frei auf endlos lange Gänge. Dann versperren wieder zwei mächtige Schleusentore den
Weg. Erst dahinter beginnt der eigentliche als Bunker genutzte Gebäudeteil. Elektrokarren dienen als
nützliche Fortbewegungsmittel. Die Farbe Grau beherrscht die Szenerie.
Entlang der Wände und der Decke ziehen sich akkurat verlegte Kabelstränge, Lüftungsrohre und
Rohrpostleitungen. Rechts und links befinden sich zahllose Säle, zum Beispiel für die Klima- und
Heizungszentrale, das bunkereigene Wasserwerk und andere überlebenswichtige Systeme. Nicht nur die
riesigen Dieselgeneratoren, Druckkessel und die aus der Schifffahrt stammenden Armaturen vermitteln
den Eindruck eines gewaltigen Maschinenraumes. Die Luftansauganlagen haben solche Ausmaße, das
ein Mitarbeiter des Bunkers in seinem Berufsleben allein damit beschäftigt war, die Filter zu kontrollieren.
„Der Bunker verfügte im Ernstfall über eine eigene Stromversorgung und ist darüber hinaus unabhängig
von der kommunalen Wasserversorgung“, erklärt Werner Czeratzki, der bis zum Schluss als technischer
Leiter tätig war.
Immer wieder passiert man Be- und Entlüftungsschächte und stößt auf bis zu 600 Meter lange
Notausstiege. Ein paar Gänge weiter treffen die Besucher auf den Verwaltungstrakt. Rechts und links
befinden sich kleine Büroräume, die in Schnitt und Ausstattung wie ein Ei dem anderen gleichen. An
Einzelzellen, wie man sie gemeinhin aus Haftanstalten kennt, erinnern die insgesamt 936 Schlafstuben.
Graue, enge Spinde, weiß geflieste Badezimmer, grau-weiße, schallgedämmte Büroräume, nüchterne
Konferenzsäle.
Weiter geht es durch das Labyrinth der Verbindungsgänge zur Großküche. Ein tunnelförmiger Saal stellt
das Notparlament dar. Dort hätte das Bundeskabinett mit dem Bundeskanzler tagen sollen. Ein
wahrhaftiger Kanzler hat allerdings den Bunker nie betreten. Bei den bis 1989 alle zwei Jahre
stattfindenden Nato-Übungen bevölkerten rund 1.000 Politiker und Beamte, vom Staatssekretär bis zur
Sachbearbeiterin die tiefe Trutzburg.
Alle Übungsteilnehmer wurden zum Schweigen verdammt und die, die mitspielen durften, gewannen für
14 Tage an Bedeutung, vor allem in den Augen der Kollegen, die nicht dabei sein durften. Bunkerspiele
als Statussymbol im politischen Bonn.
Stets ein Staatssekretär mimte den „Bundeskanzler üb“ (übungshalber). „Lediglich Helmut Schmidt hat
sich in seiner Eigenschaft als Verteidigungsminister einmal hier umgeschaut“, erinnert sich Werner
Czeratzki. Auf dem Weg in das „Zentrum der Macht“, dort, wo im Ernstfall der Bundeskanzler mit den
Stab des Heeres die oberste Kommandogewalt ausgeübt hätte, fristet eine öffentliche Telefonzelle ein
tristes Dasein. Bevor man das Büro des Bundeskanzlers erreicht, müssen zunächst fünf Vorzimmer
überwunden werden. Und dann: Verwunderung. Keine holzvertäfelten Wände wie im Honecker-Bunker,
kein Pomp, keine Spur von Luxus. Ein einfaches Feldbett, ein bescheidenes Metallgestell, hätte dem
Kanzler im Bunker zur Verfügung gestanden. Daneben eine ebenso bescheidene Kommode, auf der ein
Telefon steht.
An den Kanzlertrakt schließt sich der Kabinettssaal an. Dort, wo im Ernstfall über Lagepläne gebrütet
werden sollte, hängen zur Zeit Quer- und Längsschnitte des Bunkers. Ansonsten beherrscht den Raum
ein großer Konferenztisch.
Die Anfänge des monumentalen Bauwerks reichen in das Jahr 1910 zurück: Damals begann man im
Ahrtal mit dem Bau einer neuen Eisenbahnlinie, zu der auch ein etwa drei Kilometer langer Tunnel
gehörte. Das Ende des ersten Weltkrieges, bedeutete auch das Aus für den Tunnel, den die Franzosen
teilweise gesprengt und unpassierbar gemacht hatten. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde der Tunnel
erneut zu großen Teilen gesprengt. Nach dem Beitritt zur Nato ergab sich für die junge Bundesrepublik
Ende der fünfziger Jahre die Notwendigkeit, ein Schutzbauwerk für die Regierung und die anderen
Verfassungsorgane zu errichten. Dazu griff man auf den still gelegten Eisenbahntunnel im Ahrtal zurück.
Zwischen 1960 und 1972 entstand so der „Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes“. Neben der
baulichen Gestaltung gilt auch die Unterbringung sämtlicher Verfassungsorgane des Bundes als weltweit
einzigartig.
Am 9. Dezember 1997 kam dann das Aus für die amtliche Nutzung. Per Kabinettsbeschluss erhielt der
damalige Innenminister Manfred Kanther den Auftrag, die Schließung mit den anderen
Verfassungsorganen abzustimmen.
Das Aus für den Bunker kam schleichend und war scheinbar unausweichlich. Ein Gutachten über die
Brandgefahr und damit zusätzlich anfallenden Sanierungskosten in mehrstelliger Millionenhöhe gab
letztlich den Ausschlag für die Öffnung des Bunkers, und der damit verbundenen Hoffnung des Bundes,
das Objekt zu versilbern. Zwei Jahre lang hat sich der Bund vergeblich bemüht, einen Käufer für die
ungewöhnlichste aller Bundesimmobilien zu finden. Trotz 100 Anfragen und sechs konkreter Angebote
gelang es nicht, „eine zukunftsträchtige zivile Anschlussnutzung des Bunkers zu finden“.
Der letzte ernst zunehmende Interessent war der niederländische Betreiber des
„Kernwasser-Wunderlandes“ in Kalkar, Hennie van der Moest. „Doch die Umsetzung der
Brandschutzbestimmungen in Höhe von etwa 80 Millionen Mark und die Verpflichtung, im Falle des
Falles selbst für den notwendigen Rückbau zu sorgen, erwiesen sich letztlich als unlösbares Problem“,
erklärte Thomas Ernst-Hofmann, Regierungsdirektor der Bundesvermögensabteilung bei der
Oberfinanzdirektion Koblenz. Überhaupt verursacht die Unterhaltung des unterirdischen Bauwerks riesige
Kosten. Obwohl die Anlage zum Schluss nur noch zehn Stunden im Monat mit Licht versorgt
beziehungsweise das Be- und Entlüftungssystem eingeschaltet wurde, betrug die letzte Stromrechnung
rund 25.000 Mark.
Im kommenden Herbst 2001 beginnt also der sogenannte Rückbau. Ziel der 60 Millionen Mark teuren und
etwa fünf Jahre dauernden Rückbauarbeiten ist die „blanke Röhre“. Konkret: Die Bunkerstollen werden
vollständig entleert. Von Hand müssen 480.000 Quadratmeter Wandfläche von Farbe befreit werden, so
dass nichts außer nacktem Beton im Berg zurück bleibt. Danach werden sich täglich 100 Kubikmeter
Bergwasser in dem Bunker sammeln. Wasser, das von der Bunkerbelüftung zurück gehalten wurde.
Deshalb darf nichts zurück bleiben, was im Wasser gelöst und als Schadstoff ausgeschwemmt werden
könnte.
Insgesamt werden 580 Kilometer Kabel und Leitungen zerlegt, 1.000 Tonnen Bauschutt und 720 Tonnen
Schrott anfallen. Während der Bauzeit wird ein erheblicher LKW-Verkehr entstehen. „Um den kleinen
Weinorten an der Ahr allzuviel Lärm zu ersparen, wird eigens eine Baustraße vom Bunker zur Autobahn
A 61 errichtet“, erklärt Hofmann.
In ein paar Jahren wird der Bunker nur noch in der Erinnerung jener existieren, die ihn Jahrzehnte lang in
Schuss gehalten haben, oder ihn übungshalber betreten durften.
Mannheimer Morgen – 13.02.2001
Dem "Gasthaus" im Ahrtal läutet das letzte Stündchen
Atombunker der Bundesregierung wird endgültig zugemauert / Von 1966 bis 1989 alle zwei Jahre geheime Übungen |
Bonn. Eines der markantesten Kapitel des Kalten Krieges wird endgültig geschlossen: Der Atombunker der Bundesregierung im schönen Ahrtal - auch "Gasthaus zum letzten Stündchen" genannt. Kein Normalsterblicher durfte ihn je betreten. Er war stets umgeben von einem Mantel des Schweigens, weil 312 Meter unter den Weinbergen in den 70er und 80er Jahren das Unfassbare geprobt wurde: der Atomkrieg.
Und so sah das Szenario aus: Der Warschauer Pakt ist aufmarschiert und greift innerhalb kürzester Zeit an. Sowjetische Panzer stehen bereits am Rhein. Die Verteidigung an der Grenze der Bundesrepublik ist überrannt, der lebensnotwendige Nachschub aus den USA im Atlantik von russischen U-Booten gekappt worden. Dem Westen bleibt kein anderer Ausweg: Er muss den Nukleareinsatz androhen. Der erste Atomschlag wird ausgelöst, um den Ansturm aus dem Osten zum Stehen zu bringen.
Die Mitglieder der damaligen Bonner Regierung und Ministerien hatten einen kurzen Anmarschweg von rund 20 Kilometern zu ihrer Fluchtburg, einer Bunkerwelt von gigantischen Ausmaßen: unterirdische Flächenausmaße von 83 000 Quadratmetern, umbauter Raum von 367 000 Kubikmetern. Der gewaltige Bau besteht aus einem Stollensystem mit einer Länge von 19 Kilometern und verfügt über 936 Schlafzellen, 897 Büros, 25 000 Türen, jeweils fünf Großküchen, Kommandozentralen und Sanitätseinrichtungen sowie eine Druckerei und einen Friseursalon.
Von 1960 bis 1972 wurde der Bunker als "Ausweichsitz der Verfassungsorgane des Bundes" erbaut. Er sollte 3000 "ausgewählten Personen Schutz vor feindlichen Waffeneinwirkungen" bieten und ihnen 30 Tage "das Überleben garantieren". Auch das Notparlament sollte an der Ahr tagen. Von 1966 bis 1989 gab es alle zwei Jahre geheime Übungen, an denen alle Nato-Partner - von den USA bis zur Türkei - weltweit über ihre Kommandozentralen teilnahmen. Die Atmosphäre im Bunker wurde von Teilnehmern immer wieder als "gespenstisch" geschildert. Wer in der unterirdischen Welt beschäftigt war, musste sich schriftlich verpflichten, nicht einmal seinem Ehepartner davon zu erzählen.
Die Anfänge des monumentalen Bauwerks reichen in das Jahr 1910 zurück. Zunächst war kein Bunker, sondern ein Tunnel für die Eisenbahn geplant. Nach dem Ende des Kalten Krieges und der veränderten Weltlage wurde die für den Frühling 1991 geplante Übung abgesagt. Alle Versuche in den folgenden Jahren, etwa eine Champignonzucht anzulegen oder ein unterirdisches Freizeit- und Kongresszentrum einzurichten, schlugen wegen der hohen Umbaukosten fehl. Die zuständige Bundesvermögensabteilung bei der Oberfinanzdirektion Koblenz entschied sich jetzt für den "Rückbau" des Bunkerkomplexes, der im Herbst beginnt, Kostenpunkt: 60 Millionen Mark. Alles wird ausgeräumt, selbst die Farbe von den Wänden gekratzt, damit es wegen des Durchsickerns des Bergwassers keine Umweltschäden gibt. Es darf nichts zurückbleiben, was im Wasser gelöst und als Schadstoff ausgeschwemmt werden könnte. Und dann wird der einstige Regierungsbunker für alle Zeiten "eingemauert". dpa
© Mannheimer Morgen – 13.02.2001
WDR 5 Morgenecho 04.01.2001
4.1.2001
Eine Berliner Tageszeitung schlug vor, aus dem Bonner Plenarsaal einen Tagungsort für Karnickelzüchter zu machen. Die Phantasie der Unternehmensberatung Kienbaum ging deutlich weiter. In einem Gutachten nannte Kienbaum drei Nutzungskonzepte: Erstens könne man im Plenarsaal Kongresse internationaler Organisationen wie der UNO stattfinden lassen. Zweitens ließe die Kongreßnutzung sich deutlich erweitern, so daß beispielsweise auch der Weltchirurgenverband dort tagen könne. Das Bonner Maritim hat inzwischen Interesse angemeldet, als Veranstalter aufzutreten. Und drittens könnten private Unternehmen das Gebäude nach eigenen Vorstellungen nutzen.
Egal wie - der Plenarsaal müßte umgebaut werden. Und das ist teuer: Je nach Nutzung würden die
Kosten laut Kienbaum bis zum Jahr 2010 bei 56 bis 106 Millionen Mark liegen. Denkmalschützer haben
unterdessen vorgeschlagen, den historisch bedeutungsvollen Plenarsaal so zu lassen, wie er ist und darin ein Museum des Parlamentarismus einzurichten. Ein Haus, das als Mittelpunkt der Demokratie
gebaut wurde, lasse sich nicht einfach als Kongreßzentrum oder gar Universitäts-Hörsaal nutzen.
Unklar ist auch was aus dem Gästehaus Petersberg werden soll, das mitten im Naturpark Siebengebirge
hoch über dem Rhein liegt. Hier stiegen ausländische Staatsgäste wie der Schah von Persien und
Königin Elisabeth II. ab. Die Hotelangestellten wußten schnell die Frage der Moslems zu beantworten, wo
denn Mekka liege: "Etwas links vom Drachenfels." Und Leonid Breschnew, Generalsekretär der KPdSU,
fuhr in den Serpentinen des Petersberges sein Gastgeschenk - einen nagelneuen Mercedes - zu
Schrott. Das Gästehaus Petersberg sollte verkauft werden, fast zwei Jahre lang versuchte ein
renommiertes Bankhaus die Immobilie mit Hotelkomplex, Hubschrauberlandeplatz, 110 Hektar Wald und
einer Barockkapelle zu verkaufen. Vergblich. Selbst zahlungskräftige, internationale Hotelketten können
sowas nicht brauchen, die private Nutzung rechnet sich nicht. Das verantwortliche Auswärtige Amt
erklärte die Verkaufsverhandlungen für gescheitert. Was nun?
Weniger prachtvoll ist der Atombunker im Ahrtal, in dem ein Notparlament im Falle eines Krieges hätte
überleben sollen. Auch für den unter Weinbergen gelegenen Bunker fand sich kein Investor, der dort
beispielsweise eine Champignonzucht oder eine Technodisko hätte einrichten wollen. In diesem Fall hat
die neue Bundesregierung entschieden: Für etwa 60 Millionen wird der Bunker zugeschüttet. Die
Dienststelle Marienthal, wie sie im Bonner Jargon heißt, wird abgewickelt.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen